Die Jura-Professorin Zümrüt Gülbay-Peischard bezeichnet sich selbst als "mediterrane Preußin", die sowohl pünktlich, fleißig, zuverlässig als auch gesellig und gemütlich sei. Als Ort für ihre Professur hat sie sich bewusst die Hochschule Anhalt in Bernburg (Saale) ausgesucht. Der Grund: die Studierenden und Menschen in Sachsen-Anhalt sollten nicht nur lernen, mit weiblicher Autorität umzugehen, sondern ebenso, dass auch türkisch-stämmige Frauen Professorinnen sein können. Sie möchte damit auch Ignoranz bekämpfen.
Sorge um die Generation Z
Die Jahrgänge von 1995 bis 2010: Kaum ein Satz ohne Rechtschreibfehler, aber am liebsten morgen schon einen gut bezahlten Job in der freien Wirtschaft. Zu jedem Thema habe diese Elite eine Meinung, aber Kritik an sich selbst verstünde sie als Majestätsbeleidigung. Junge Menschen aus wohlstandsverwöhnten Generationen würden erwarten, dass ihnen alles auf dem Silbertablett serviert wird. Die Kritik von Gülbay-Peischard an der jungen Generation ist scharf. Dennoch ist die Arbeit in der Lehre für sie ein Traumberuf: Hier könne sie Menschen erreichen, sie auf eine Reise mitnehmen und die Studierenden herausfordern. Das mache ihr bis heute Spaß.
Bildungsmisere: "Von Leistungs- und Leidensbereitschaft nie etwas gehört"
Die Generation Z habe sogar das Lernen verlernt. Oder gar nicht erst gelernt, so Zümrüt Gülbay-Peischard. Sie hat sich mit den Ursachen der Bildungsmisere an deutschen Hochschulen beschäftigt und zeigt mögliche Folgen. Hochschulen seien immer weniger in der Lage, die dringend benötigten Topkräfte für den Arbeitsmarkt auszubilden. Die Ignoranz und Lethargie der Studierenden empfindet Zümrüt Gülbay-Peischard als geradezu unanständig.
Ich erlebe nicht ausreichend Respekt und ausreichend Demut. (...) Die Selbstverständlichkeit und das Selbstverständnis der Hochschulausbildung ist für mich ein Problem.
Wirtschaftspsychologin Meike Terstiege | 21.9.2023 Generation Z – faul, unverbindlich und unruhig?
Wie tickt die Generation Z? Haben die Jugendlichen keinen Bock auf Arbeit? Wirtschaftspsychologin Meike Terstiege wirbt um Verständnis.
Ein Drittel der Studenten ist dort wo es ist auch hervorragend aufgehoben. Die kommen an die Hochschulen und da konnten die Schulen gute Arbeit leisten. Dann gibt es ein Drittel, wo ich denke, wenn man die abholt, sich ein bisschen zurecht rückt, die ein bisschen begleitet und schiebt, geht es in die richtige Richtung. Dann gibt es ein Drittel, die sind völlig beratungsresistent. Die sind im Grunde genommen so von sich überzeugt, eigentlich erwarten sie morgen den Job als CEO.
Auch sei es eine Einstellungssache auf Seiten der Studierenden, wenn es um Arbeit neben dem Studium ginge. Dass viele Studierende arbeiten müssten, um sich das Studium und damit verbundenen Kosten zu finanzieren sei völlig in Ordnung – jedoch:
Natürlich kann ich während ich arbeite nicht studieren, aber dann muss ich mir meine Arbeit anders legen. (…) Das heißt, ich kann vielleicht nicht sechs Vorlesungen im Semester machen, aber ich kann durchaus vier oder fünf Module im Semester bewältigen auch wenn ich arbeite. Dann muss ich halt mehr am Wochenende arbeiten, dann muss ich halt abends arbeiten.
Hans Rusinek | 27.3.2024 Arbeitsforscher: will die junge Generation Z wirklich nicht arbeiten?
Die ältere Generation hält der "Gen Z" vor, sie wäre faul und würden nicht arbeiten wollen. Umgekehrt gelten die "Boomer" oft als rückwärtsgewandt. Aber wie ist es wirklich?
Verpflichtendes Orientierungsstudium
Gülbay-Peischard schlägt vor, dass Studierende nicht direkt mit einem spezifischen Studium beginnen, sondern in einer Art Orientierungsphase Module aus verschiedenen Bereichen kennenlernen. Das würde verhindern, dass viele Studierende bereits nach einem oder zwei Semestern zunehmend frustriert sind oder gar hinwerfen.
Ich glaube, dass wenn man Studenten ein breites Potpourri an Modulen aus verschiedenen Bereichen anbieten würde, würden sie zum Teil auf Fächer kommen, die sie vorher gar nicht im Auge hatten und wo sie sagen würden: ’Ach Mensch, das gefällt mir, da habe ich Neugier, da will ich Zeit investieren’.
Hochschulfinanzierung auf dem Prüfstand
Das aktuelle Finanzierungssystem der Hochschulen basiert vor allem auf der Zahl der Studierenden, was den Verzicht auf Studierende erschwert, da die Budgets davon abhängen. Es sollte jedoch auch andere Kriterien für die Bewertung von Hochschulen geben, so Gülbay-Peischard.
Ich denke, dass Hochschulen auch anders bewertet werden müssen: zum Beispiel nicht nur an der Masse an Studierenden, sondern auch an den Innovationen, an der Praxisnähe, die sie bringen, an den Partnern, die sie holen.
In ihrem Buch „Akadämlich: Warum die angebliche Bildungselite unsere Zukunft verspielt“ kritisiert Gülbay-Peischard eine Generation an Studierenden, die kaum einen Satz ohne Rechtschreibfehler verfassen könne, aber am liebsten direkt nach dem Studium in einen gut bezahlten Job in der freien Wirtschaft starten würde.
Das Buch habe ich geschrieben für jeden, der sich für Bildung interessiert, und der sehen will, wie eine Professorin ihre Arbeit nach vielen Jahren betrachtet und wo sie Fehler und Vorteile im deutschen Bildungssystem sieht.