Drehbuchautorin, Regisseurin und Schriftstellerin

Doris Dörrie und das Wohnen: wie und mit wem wollen wir eigentlich wohnen? 

Stand

Seit Jahrzehnten ist Doris Dörrie als Regisseurin und Autorin erfolgreich. In ihrem Buch "Wohnen" verrät sie uns, wie sie ihre ganz eigene Art des Wohnens finden möchte.

Ich bin eigentlich gar nicht so der Typ fürs Wohnen.

Doris Dörrie gehört zu den erfolgreichsten Regisseurinnen in Deutschland und ist "eine Wohnende wider Willen": Nie wollte sie sich niederlassen, fest einrichten, Wurzeln schlagen – aber wie andere Menschen wohnen, hat sie immer schon fasziniert.

Ich fürchte mich manchmal ein bisschen, wenn ich in Wohnungen komme, wo es keinerlei persönlichen Gegenstände gibt, noch nicht einmal ein Buch auf dem Nachttisch. Da denk’ ich dann immer: Wie leben die Menschen in dieser Wohnung wirklich? Sind sie den ganzen Tag nur damit beschäftigt, ihre Spuren verschwinden zu lassen?

Wohnen, Möbel, Einrichtung, Ausstattung: was braucht Doris Dörrie?

Ihre eigene "Wohn-Biographie", wie es Doris Dörrie nennt, begann mit ihrer Einschulung. Da bekam sie ihr eigenes Zimmer, als einzige in der Familie. Damit sie besser Hausaufgaben machen konnte. Aber das Zimmer war mehr für sie.

Das hat – nicht nur damals - viel für mich bedeutet, weil ich mich in dieses Zimmer zurückziehen und lesen konnte. Das war so ein ganz besonderer Zustand, in diesem Zimmer sitzen und versinken zu können. Dieses Versunken-Sein und gleichzeitig außen vor die Familie zu haben, das wurde so mein Ideal- und Traumzustand.

Trotz ihres Faibles für Japan – das ja in ihren Filmen immer wieder deutlich wird – schafft Doris Dörrie es nicht, den japanischen Einrichtungsstil komplett umzusetzen. Tatami-Matten und Futon: ja. Aber einen "komplett leeren" Raum? Das geht schon wegen der vielen Bücher und "des Krimskrams" nicht, den sie angesammelt hat.

Es ist mir sehr wichtig, dass die Wohnung groß und hell ist. Ansonsten: Schöne Gegenstände, die ich aus der ganzen Welt mitgebracht habe. Platz für viele Projekte und Absonderlichkeiten, so etwas ist mir wichtig. Die Möbel an sich eher nicht.

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Ordnung ist das halbe Leben, Chaos die andere Hälfte?

Der erste Teil dieses Satzes ist der altbekannte Eltern-Spruch, der zweite Teil wohl die Realität der Kinder. Für sich beantwortet Doris Dörrie das mit einem lachenden "...für mich ist Chaos die ganze Hälfte!" und bezeichnet das "Chaos" in ihrer Wohnung eher als "kreative Unordnung".

Meine Mutter hat immer gesagt: 'So wie’s in Deinem Zimmer aussieht, so sieht es auch in Deinem Kopf aus'. Aber jeder hat so seine eigene Art von Ordnung und Unordnung. Ich finde es nicht zielführend, das generell so einzuordnen.  Ich bin in meinem – für andere – Chaos auch sehr ordentlich. Ich weiß genau, wann ich wo was brauche und finde das dann auch.

Die kreativen Wohnwelten in den Filmen von Doris Dörrie

Doris Dörrie hat auf ihren Reisen nach Japan, Mexiko, Marokko, Südeuropa und in die USA erfahren, wie eng das Wohnen an die jeweilige Kultur geknüpft ist. Bei ihrer Arbeit als Filmemacherin wird Doris Dörrie zur Expertin für das Erschaffen künstlicher Wohnwelten. Immer wieder kreiert sie Räume für ihre handelnden Personen. Da bekommen selbst kleinste Details, wie die Farbe einer Tasse, eine ganz eigene Bedeutung.

Jedes Requisit verrät etwas. Das heißt: Ich muss auch mit Bedacht jedes Requisit aussuchen.

Social-Media-Beitrag auf Instagram von doris_doerrie: "Wir tragen den Ort, an dem wir aufgewachsen sind, für immer in uns, nud wenn wir Glück haben, war es ein geschützter Ort."

Wie politisch ist Wohnen?

Sehr politisch, wenn man Doris Dörrie genau zuhört. Denn aus einer einzigen Antwort auf die Frage nach ihrem frühen Auszug von zu Hause und ihrem Nomadentum quer durch die Welt entsteht plötzlich ein ganz anderer Blick auf das Wohnen: die Verbindung zu "Heimat".

Unterwegs zu sein ist mein Idealzustand. Ich bin aber auch deswegen so gerne unterwegs, weil ich einen Ort habe, an den ich zurückkommen kann.

Das Politische daran ist der Blick von Doris Dörrie, der weit über ihr persönliches Erleben hinausgeht. Der Blick auf diejenigen, die keinen Platz mehr haben, an den sie zurückkehren können - die Vertriebenen, die Menschen, die auf der Flucht sind.

Für diese Menschen ist das Nomadentum sehr qualvoll. Sie leben mit einer tiefen Sehnsucht danach, wieder dorthin [nach Hause] zurückkehren zu können - oft mit der Gewissheit, dass das nie mehr möglich ist.

Die Aufzeichnung des SWR1 Leute Talks fand am 9.4.2025 statt.

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