Submarine Ökosysteme

Julian Charrière. Midnight Zone im Museum Tinguely Basel

Stand

Von Autor/in Anne-Sophie Galli

Im Museum Tinguely in Basel können Besucherinnen und Besucher derzeit in die Tiefen der Ozeane eintauchen. Die Ausstellung „Midnight Zone“ des französisch-schweizerischen Künstlers Julian Charrière verwandelt die Museumsräume in Unterwasserwelten.

Charrière will richtig fühlbar machen, wie menschliche Eingriffe die Umwelt verändern - so hört man mal den Lärm von Containerschiffen oder Windparks, unter dem Fische leiden. Oder mal liegt man auf Kissen und sieht, wie Eislandschaften an einem vorbeiziehen - aus einer Perspektive unter Wasser.

Installationsansicht Julian Charrière, Albedo, 2025
Installationsansicht Julian Charrière, Albedo, 2025.

In der „Mitternachtszone“ leiden Tiere unter menschengemachten Lärm

Eine Leuchtturmlampe dreht sich in dem dunklen Raum langsam um ihre eigene Achse. Ihr Licht bricht sich an den verspiegelten Wänden: Ein Meer aus unstet schimmernden Reflexionen. Dazu Vibrationen, die das eigene Bild in den vielen Spiegeln zittern lassen. Und beunruhigende Klänge. Containerschiffe, Luftdruckkanonen für die Suche nach fossilen Brennstoffen, Windparks. Menschgemachter Lärm wie er in den Tiefen der Ozeane zu hören ist.

Dies ist ein wichtiges Werk des französisch-schweizerischen Künstlers Julian Charrière, das der neuen Ausstellung „Midnight Zone“ im Tinguely-Museum ihren Namen gab. „Mitternachtszone“ – so nennen Meeresforscher die Region unter tausend Metern Tiefe, wo es dunkel ist und Tiere unter dem Lärm leiden.

Installationsansicht Julian Charrière.
Die Leuchtturmlampe als Symbol für Hoffnung - Installationsansicht Julian Charrière.

Die Leuchtturmlampe - ein Symbol für Hoffnung

Charrière will, dass Besuchende spüren, wie sehr menschliche Eingriffe die Umwelt verändern. „Die Fische unten können sich nicht orientieren, weil der Klang, den wir verursachen, so laut ist, dass die anderen Klänge einfach gedämpft werden“, sagt Charrière. Die Leuchtturmlampe in der Installation sei dabei mehr als nur eine Lichtquelle: Sie sei ein Symbol für Hoffnung bei Stürmen und für Gefahr. 

Museumsdirektor Roland Wetzel sieht in Charrière einen der wichtigsten Künstler seiner Generation, der Kunst und Forschung miteinander verbindet. „Was mich an ihm besonders fasziniert, ist, dass er es versteht wissenschaftliche Problemstellungen in unserer Lebenswelt, also Ressourcenabbau oder Ausbeutung, dass er die auf eine sehr sinnliche Weise adressiert“, so Wetzel.

Installationen, Foto, Videos zum Element Wasser

Die Ausstellung zeigt Besuchenden auf drei Stockwerken Installationen, Skulpturen, Fotos und Videos zum Element Wasser. Mal liegt man auf Kissen und betrachtet an der Decke vorbeiziehende Eislandschaften aus der Perspektive unter Wasser. Und man hat das Gefühl zu schweben. Mal sieht man Eisberge von oben.

Julian Charrière: Towards No Earthly Pole (Film Still), 2019
Julian Charrière: Towards No Earthly Pole (Film Still), 2019.

Für seine Videoarbeiten reist Charrière an extreme Orte rund um die Welt. Für ein Video ließ er eine ferngesteuerte Kamera und eine Leuchtturmlampe gar tausend Meter tief ins Meer hinabtauchen.

„Viele Krill-Garnelen, Plankton, die sammeln sich natürlich, weil da Licht ist“, erklärt er, „und dann kommen die größeren Fische“. Irgendwann habe man dann eine Abbildung von dieser ganzen Vielfalt unten, die normalerweise nicht direkt sichtbar sei, erläutert Charrière weiter.

Julian Charrière: Midnight Zone (Film still), 2024
Julian Charrière: Midnight Zone (Film still), 2024.

Die Ausstellung soll uns die Augen öffnen

Diese Vielfalt ist bedroht, denn in der Tiefe gibt es wertvolle Mineralien für Batterien und erneuerbare Energieträger, die manche gerne abbauen würden. Tiefseebergbau könnte laut Experten irreversible Schäden auf sensible Ökosysteme verursachen. Ein Dilemma zwischen Klimaschutz und Naturzerstörung.

Die Ausstellung soll uns auch die Augen für die vom Mensch verursachten Probleme öffnen, sagt Charrìere: „Die Tiefsee ist total untererforscht und trotzdem versuchen wir, dort Stoffe zu gewinnen. Der Ozean ist ein Wesen, schlussendlich.“

Ein Wesen, das geschützt werden sollte, wie er findet. Ein Plädoyer für den Schutz unbekannter Meereswelten.

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