Rebecca K. Reillys Debütroman nimmt uns mit in das bittersüße Leben zweier junger Menschen in Auckland – mit Herz, Humor und scharfem Blick für die Absurditäten moderner Beziehungen.
Greta und Valdin teilen eine Menge. Zum Beispiel: einen komplizierten Nachnamen.
Vla« wie »bla«, nur mit V. »Dis« wie in Radieschen. »Sav« wie die Automarke »Saab«, nur mit V. »Ljev« wie Lyev Himmelsritter, die Figur aus Magic: The Gathering. Und »Vic« reimt sich auf Bitch.
Die Geschwister Vladisavljević wohnen zusammen in Auckland, Neuseeland. Greta ist Masterstudentin der russischen Literatur. Valdin hat gerade seine akademische Karriere als Astrophysiker an den Nagel gehängt und moderiert jetzt eine Reisesendung im TV.
Geschwister mit Liebeskummer
Was die beiden noch verbindet? Liebeskummer. Greta ist unglücklich in ihre Kommilitonin Holly verliebt, die ihr widersprüchliche Signale sendet. Valdin hingegen trauert seiner Beziehung zum älteren Xabi hinterher. Nach dem Liebesaus ist der nach Argentinien ausgewandert – und die Lücke, die er hinterlassen hat, fühlt sich für Valdin unüberwindbar an.
Ich versuche seinen Namen nicht zu denken oder laut auszusprechen, ersetze ihn durch ein ehemaliger Bekannter oder dieser Typ, den ich mal gedatet habe.
Rebecca K. Reilly erzählt in ihrem Debütroman „Greta & Valdin“ ein Jahr im Leben der Geschwister. Ein Jahr voller Fragen und zaghafter Neuanfänge. Dabei unterstützt die beiden ihre exzentrische, kulturell vielfältige Großfamilie, die maorische, russische und katalanische Wurzeln mitbringt.
Greta und Valdins Perspektive wechselt kapitelweise. Auf der Suche nach Liebe und Selbstbestimmung erleben die beiden queere Krisen, familiäre Zwänge und den Wunsch, dazuzugehören.
Reilly schreibt das mit großer Sympathie für ihre Figuren, schnellem Witz und scharfem Blick. Ihre Dialoge sind pointiert, oft komisch und warmherzig.
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Beziehungsprobleme verschiedener Generationen
Eine besondere Qualität ihres Romans ist, dass sie die Herausforderungen verschiedener Generationen im modernen Beziehungsleben mit einem Augenzwinkern einfängt.
Etwa, wenn der siebzehnjährige Neffe Tang seine sexuelle Identität entdeckt:
O Gott, Tang, hast du etwa eine queere Krise? Ich dachte, ihr Jugendlichen seid heutzutage alle total chill und pansexuell, und nur alte Millennials wie Ell drehen durch und schneiden sich die Haare ab, wenn sie mit sechsundzwanzig zum ersten Mal eine Brust anfassen.
Obwohl Reilly über queere Beziehungen schreibt, stellt sie die Queerness selbst nicht plakativ in den Vordergrund. Ihre Figuren definiert sie nicht über deren Sexualität – sie sind einfach junge Menschen, die auf ganz normale, manchmal verrückte, manchmal schmerzhafte Weise nach Liebe suchen.
Die queere Identität ist dabei selbstverständlicher Teil ihres Lebens, aber nie ihr einziges Erkennungsmerkmal.

Gesellschaftliche Themen sind in der Handlung verankert
Ähnlich geht Rebecca K. Reilly mit gesellschaftlichen Themen wie Rassismus, Kolonialismus und kultureller Identität der Maori in Neuseeland um. Sie verhandelt die Dinge im Hintergrund, integriert sie in der Lebensrealität der Figuren – ohne erhobenen Zeigefinger.
Diese selbstverständliche Verankerung im Alltag, das beiläufige, aber nie verharmlosende Einweben sozialer Konflikte, macht den besonderen Ton ihres Romans aus.
Rebecca K. Reilly ist selbst Maorin, und hat unter anderem Kreatives Schreiben, European Studies und Deutsch studiert.
Ein charmantes Gimmick für deutschsprachige Leserinnen und Leser ist, dass Reilly ihre eigene Vorliebe für deutsche Literatur in die Geschichte einflicht: Valdin liest etwa „Sommerhaus später" von Judith Hermann.
Und Greta? Greta bringt ihre Skepsis gegenüber der deutschen Hauptstadt wunderbar ironisch auf den Punkt:
Du kannst Berlin doch gar nicht leiden. Du sagst immer, da laufen die ganzen nervigen Leute rum, die es in Melbourne zu nichts gebracht haben.
„Greta & Valdin“ ist ein lebenskluger und herzenswarmer Roman, voller Witz, voller Fragen, voller echter Gefühle. Und das ist vor allem: extrem unterhaltsam.
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